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Songlians bernsteingelbe Augen richteten sich mit einem eindringlichen
Blick auf Far, als er den gemeinsam aufgenommenen Bissen zu dessen
Mund führte.
Far erwiderte den Blick finster. Sofort ließ Songlian ihn los und kehrte
mit dem Eifer eines geschlagenen Hundes an seinen Platz zurück.
Entschuldige, ich wollte dir nicht zu nahe treten , murmelte er und
starrte auf seinen Teller.
Du trittst mir schon lange nicht mehr nahe , entgegnete Far im harten
Tonfall, um seine wirren Gefühle zu verbergen. Songlian schwieg und
studierte angestrengt seine Mahlzeit. Er rührte mit seinen Stäbchen im
Essen herum.
Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich von ihm halten soll, dachte Far irritiert.
Einerseits scheint er mich anbag gern zu wollen und dann spielt er gleich darauf den
Unnahbaren. Hatte Lorcan recht und Songlian treibt nur seine Spielchen mit mir?
Mir ist der Appetit vergangen. Lass uns fahren. Far warf seine Serviette
auf den Tisch und winkte dem Kellner. Nachdem er das Essen bezahlt
hatte, stand er wortlos auf und ging zum Wagen, ohne auf Songlian zu
warten. Mit einem leisen Seufzer ließ er sich auf den Sitz fallen und startete
den Motor. Die Beifahrertür wurde geöffnet und Songlian glitt neben ihn.
Schweigend fuhren sie zu ihrer Wohnung zurück, wobei Fars Laune immer
übler wurde. Er war schließlich niemand, der sich benutzen ließ. Auch von
Songlian nicht. Pah! Erst recht nicht von Songlian.
Songlian betrat als Erster die Wohnung und steuerte gleich sein Zimmer
an. Hinter sich hörte er die Tür ins Schloss fallen. Auf einmal wurde er an
der Schulter gepackt und herumgewirbelt. Ehe er sich versah, drückte ihn
Far grob gegen die Wand. Im nächsten Moment gruben sich kräftige Finger
in seine blauschwarzen Haare, um ihn festzuhalten und schon eine Sekunde
später wurde er heftig geküsst. Wie erstarrt stand Songlian in Fars Griff da.
Was war bloß auf einmal in ihn gefahren? Mit einem Ruck ließ ihn Far
wieder los und trat knurrend einen Schritt zurück.
Also war doch nur alles ein Spiel für dich, nicht wahr? Du wolltest
lediglich wissen, wie weit du einen Menschen verführen kannst. Und jetzt
hat das Spiel seinen Reiz verloren.
Songlian sah ihn verblüfft an. Was wurde ihm da eigentlich unterstellt?
Far &
Spar dir deine Ausflüchte , fauchte der wütend, während sich seine
Augen zu stahlgrauen Schlitzen verzogen.
Ich bin schließlich nicht blöd. Aber ich gratuliere dir, denn deine
Verführung hatte offensichtlich Erfolg. Du verdammter Scheißkerl gehst
mir nämlich überhaupt nicht mehr aus dem Kopf.
Far, warte mal. Können wir nicht & Songlian streckte die Hand nach
ihm aus, was sich als Fehler erwies. In seiner überschäumenden Wut schlug
Far plötzlich unerwartet zu. Seine Faust traf Songlian mitten im Gesicht. Mit
einem Ächzen ging er zu Boden, während Far aus der Wohnung stürzte.
Beim Blut! Songlian keuchte verdutzt und berührte seine
aufgesprungene Lippe. Trotz allem schlug sein Herz in einem freudigen
Takt. Er hatte sich geirrt. Far empfand noch immer etwas für ihn. Lachend
warf Songlian den Kopf in den Nacken. Auf einmal fühlte er sich
unbeschreiblich erleichtert. Auch wenn sein Gesicht schmerzte. Was für
ein Schlag! Leise kichernd nahm Songlian Mister X in die Arme, der
miauend um ihn herumschlich.
Dein Dosenöffner ist offenbar mehr Nachtwolf als Officer,
Pelzgesicht. Erst küssen und dann schlagen. Er hat wirklich keine Manieren,
Kater. Er ließ Mister X los und ging ins Badezimmer, um sich sein
misshandeltes Gesicht anzusehen.
Donnerwetter, Baxter. Wo du hinlangst, wächst kein Gras mehr.
Songlian wusch sich das Blut ab, betastete vorsichtig seine Nase und das
Jochbein, grinste sich im Spiegel an und ging als Nächstes in die Küche, wo
er eine Flasche mit einem sehr alten Wein öffnete und ihn in einen
Dekanter umfüllte. Anschließend zog er sich lediglich eine bequeme
Jogginghose an und lief ins Wohnzimmer. Dort sorgte er für schummriges
Licht und leise, sanfte Musik, holte sich noch eine Decke und den Wein
und ließ sich anschließend gemütlich auf dem Sofa nieder. Far würde
zurückkommen, wenn er sich abreagiert hatte. Inzwischen wollte sich
Songlian beim Wein entspannen.
In der Wohnung war es dunkel, als Far zurückkehrte. Wie er erneut
festgestellt hatte, konnten sich Vampire durchaus betrinken. Leider hielt
dieser Zustand nicht so lange an wie bei einem Menschen. Daher hatte sich
Far eine weitere Flasche Gin an einer Tankstelle gekauft und sie auf dem
Nachhauseweg geleert. Jetzt stand er leicht schwankend im Flur und
lauschte. Musik lief, bloß von Songlian war nichts zu sehen. Leise betrat Far
das Wohnzimmer. Im flackernden Schein einiger Kerzen fand er Songlian
zusammengerollt auf dem Sofa. Er hatte eine Wolldecke über sich gezogen
und schlief. Mister X lag ebenfalls schlummernd auf der Rückenlehne. Ein
leerer Dekanter Wein auf dem Tisch zeigte, dass Songlian den Tag ähnlich
verbracht hatte. Ein wenig reuig musterte Far das angeschwollene Gesicht
des Schlafenden. Das Jochbein hatte sich leicht blau verfärbt, die Oberlippe
und die Nase waren geschwollen.
Und morgen ist davon nichts mehr zu sehen, dachte Far knurrig. Dann kann ich
ihm ein zweites Mal aufs Maul hauen. Schwankend drehte sich Far um und stieß
mit einer Topfpflanze zusammen, die irgendwann nach Songlians Einzug
überraschend aufgetaucht war. Mit einem Fluch versuchte er sich aus dem
raschelnden Blattwerk zu befreien und registrierte am Rande, dass sich
Songlian in seinem Rücken aufrichtete.
Hast du dich also abreagiert? fragte der belustigt. Und ob er das hatte.
Stundenlang war er kreuz und quer durch Manhattan gezogen, um die
perfekte Bar zu suchen. Und als er sie endlich gefunden hatte, war er blöd
angequatscht worden. Far hatte das Problem auf die Art der Nachtwölfe
erledigt, war als unvermeidliche Folge aus der Bar geflogen und hatte sich
anschließend in reichlich Alkohol ertränkt.
Leck mich am Arsch , knurrte Far, als er sich endlich von den vielen
Zweigen lösen konnte, ohne größeren Schaden zu hinterlassen.
Um Songlians Mundwinkel zuckte es. Mister X sah auf und zog sich
sicherheitshalber auf seinen Katzenbaum zurück. Sicherlich befürchtete er,
durch Far Schaden zu nehmen.
Ich bin dir noch etwas für vorhin schuldig , erklärte Songlian, und ehe
sich Far versah, stand er hinter ihm und gab ihm einen kräftigen Stoß.
Überrumpelt plumpste Far auf das Sofa, warf sich aber gleich mit einem
wütenden Fauchen herum. Er bekam keine Chance zur Gegenwehr, denn
Songlian ließ sich einfach auf ihn fallen.
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