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»Ja.« Polly schnurrte beinahe. »Und die Idee mit den fremden
Mächten ist gar nicht so weit hergeholt, wenn man eines bedenkt
«
»Was denn?«, fragte Chandler voller Ungeduld.
»Ganz einfach: Nat hat kürzlich Bukarest besucht.«
Fast zwei Stunden lang überlegten sie hin und her, ohne dass
ihnen etwas Neues einfiel. Sie kamen zu keinem nennenswerten
Ergebnis. Chandler brannten vor Müdigkeit die Augen, sein
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Nacken schmerzte; sein steifer Körper, der noch unter den
Attacken der beiden Ganoven und unter der feuchten Nachtluft
litt, war ausgelaugt. Doch was ihm am meisten zu schaffen
machte, war seine geistige Erschöpfung. Schließlich musste er
gähnen und fiel fast von der Couch. Ihm war kaum aufgefallen,
dass keiner mehr sprach. Polly und Percy Davis starrten wie
betäubt in die Flammen.
»Ich kann nicht mehr«, sagte er. »Ich bin völlig durcheinander,
mir fällt nichts Sinnvolles mehr ein. Ich brauche Schlaf.
Vielleicht weiß ich morgen früh, wie s weitergehen soll.« Polly
stand mit ihm zusammen auf.
»Gute Idee«, warf Percy ein. »Bei Tageslicht erkennt man
vieles besser. Ich habe für Sie ein Zimmer vorbereitet. Mit
Doppelbett. Das ist Ihnen hoffentlich recht. Alle anderen Betten
sind abgezogen.«
»Wunderbar«, sagte Polly und unterdrückte ein Gähnen.
Als sie in dem großen Zimmer allein waren, in dem das Glas
im Fensterrahmen klapperte, fielen sie todmüde aufs Bett.
Chandler war beinahe eingeschlafen, als er ihre Stimme über
sich hörte. Mühevoll zog er ein Augenlid hoch und sah ihren
Umriss im nächtlichen Zwielicht.
»Was haben Sie gesagt?«
»Nichts.« Sie beugte sich über ihn, und er spürte ihren Mund
zart auf seinem. »Nur ein Gutenachtkuss.« Er zog sie zu sich
herab und küsste sie, während er ihren Körper an sich presste.
Aber ihm fehlte die Energie, weiterzumachen. »Schlafen Sie«
flüsterte sie und erhob sich. Dann legte sie eine Decke über ihn.
»Das Zimmer riecht wie eine Kommode aus Zedernholz«
brummelte er.
»Das mit George Washington tut mir wirklich leid«, hörte er
sie vom anderen Bett aus sagen. »Vielleicht ist alles ein Irrtum,
Colin.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Er wollte noch mehr sagen,
aber alles schien ihm zu entgleiten. Er bildete sich ein, ihren
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Duft einzuatmen, ihren Mund auf seinem zu fühlen. Doch nicht
mal da war er sich sicher.
Verdammt er würde nichts von Kennebunkport verraten. Aber
die Fragen hagelten auf ihn ein immer wieder. Und die
Schmerzen &
Die Tortur hatte schon ziemlich lange gedauert, und Hugh
Brennan hatte sich die meiste Zeit gewünscht, einfach das
Bewusstsein zu verlieren. Doch die Ohnmacht war ihm wohl
nicht vergönnt. So registrierte er weiterhin seine Umgebung, den
Geruch des Vick Vaporub, der ihm von seiner behaarten Brust
in die Nase stieg, das Brennen im Magen, verursacht durch die
Mischung aus Bier und Excedrin &
Nein falsch. Sein Magen enthielt gar nichts mehr; aber es fiel
ihm schwer, die Dinge auf die Reihe zu bringen: die kalten
Schweißausbrüche, das Erbrochene, an dem er fast erstickt wäre,
als es von dem Handtuchknebel in seinem Mund blockiert
wurde und in die Luftröhre rann, sein unfreiwilliges Urinieren,
sein Entsetzen, als er sich durch das Handtuch in die Wange und
in die weiche Masse seiner Zunge gebissen hatte und sein Blut
im Mund schmeckte.
Bevor sie mit dem Handtuch ankamen, als er glaubte, noch
eine Chance zu haben, hatte er es mit einer witzigen Story
versucht. »Hört mal, Leute, nehmen wir s doch von der heiteren
Seite! Kennt ihr schon den von den zwei Polen und ihrem
schwedischen Kumpel? Nein? Na gut, redet nicht dazwischen &
He, was macht ihr da? Also, die drei hängen jahrelang in der
gleichen Bar rum, immer zusammen, und he, was soll das?
Nein, hört auf, seid nicht so verbohrt! O Gott!« So hatte es vor
einer Ewigkeit angefangen.
Im Fernsehen lief der nächste Film, es musste also gegen zwei
Uhr morgens sein eine Rechnung, die ihm bewies, dass er
seine fünf Sinne noch beisammen hatte. Er roch den Schweiß
seiner Peiniger, beobachtete, wie er sich sammelte und dann von
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der einen sichtbaren Augenbraue des Mannes mit der Zange
herabtropfte, sah den Verband auf seinem Gesicht während
seiner Anstrengungen rutschen, und auf der gelockerten Binde
abgestorbenes Gewebe und Salbe und Haare. Die Augen des
Mannes glänzten, und er leckte sich die Lippen, während er sich
über sein Opfer beugte. Der Kleine stellte ständig Fragen, immer
wieder die gleichen, doch niemand beachtete ihn.
Zwischendurch ging er auf die Veranda, um Luft zu schnappen.
Manchmal forderte er den Großen auf, aufzuhören, aber es hatte
keinen Zweck. Er hatte nämlich Angst vor ihm, und Brennan
erkannte auch, warum.
Durch sein vehementes Erbrechen und seinen verzweifelten
Kampf gegen das Ersticken hatte sich das Handtuch gelockert.
Er schob es mit der Zunge aus dem Mund. Als es auf seine Brust
fiel, stopfte es keiner zurück. Er konnte kaum noch krächzen,
geschweige denn schreien. Gegen die Schmerzen ankämpfend
und ohne seine Stimme richtig hören zu können, fuhr er fort:
»Eines Tages kamen die beiden Polen ohne den Schweden in die
Bar. Er war schon seit Tagen verschwunden. Vermisst. Die
Polizei fragte die Polen nach dem Schweden & o Gott, hören
Sie auf!«
Brennan musste zum ersten Mal kotzen, als er seine blutigen,
ausgefransten Fingerkuppen sah, die Stellen, an denen seine
Nägel gewesen waren. Sie sahen aus, als wären sie bis auf die
Knochen heruntergebissen. Blut war auf den Stuhl getropft, auf
seinen Bademantel und auf den Regenmantel seines Peinigers,
Blut und Fleischfetzen, und die Hände des Mannes und seine
Zange waren blutverschmiert und glitschig. Damit die Zange
richtig greifen konnte, musste er sie an seinem Mantel trocken
wischen. Als sie mit der einen Hand fertig waren und noch nicht
mit der anderen angefangen hatten, wurde Brennan klar, dass sie
einen großen Fehler machten: Sie hatten nicht die Absicht, ihn
umzubringen.
Immer wieder fragten sie ihn, wo Chandler war. Sie brauchten
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lange, um zu begreifen, dass er ihnen rein gar nichts sagen
würde. Nach seiner rechten Hand machten sie einfach weiter,
aber er hatte schon zu viel mitgemacht sie würden ihn nicht
zum Sprechen bringen. Den Kleinen strengte das Reden an; er
verlor das Interesse. Doch der andere hantierte wie der Teufel:
Er arbeitete gegen seine Frustrationen an und grunzte vor
Anstrengung, als er die Nägel an den Wurzeln ausriss.
»Die Polizei verlangte eine Beschreibung«, sagte Brennan, um
eine deutliche Aussprache bemüht. Er wusste nicht, ob es ihm
gelang. »Die beiden Polen beschrieben ihn, und die Polizisten
wollten wissen, ob der Schwede besondere Merkmale hatte. Die
Polen erinnerten sich: Der Schwede hatte zwei Arschlöcher.
: Zwei Arschlöcher!9 Die Polizisten staunten. Woher wussten die
Polen das? Sie lachten. : Ganz einfach! Immer, wenn wir in die
Bar kamen, der Schwede und wir, sagte der Barmann das
Gleiche: : He, hier kommt der Schwede mit den zwei
Arschlöchern!9 & « Keiner lachte, doch Brennan war das egal.
Er lächelte und dachte in seinem Delirium aus Fantasie und
Schmerzen an Mary Tyler Moore. Dann stopfte ihm der Kleine
das Handtuch wieder in den Mund.
Er fragte sich, ob sein Herz das aushalten würde. Ein
idiotischer Zeitpunkt, um an einem Herzanfall zu sterben! Der
Große arbeitete stöhnend weiter. Der Verband hing ihm an
einem Pflasterstreifen vom Ohr herab, so dass Brennan ab und
zu die entsetzliche gräulich-rosa Wundfläche auf der einen
Gesichtshälfte sehen konnte. Seine Hände taten kaum noch weh.
Er wartete geduldig und bemühte sich, nicht die Nerven zu
verlieren. Schließlich sank der Große zurück und starrte die
Wand an, als hätte er sich bei der Tortur übernommen. Brennan
beobachtete ihn, bevor er einen Blick auf seine eigenen Hände
riskierte. Wieder fühlte er, wie sich sein Magen umdrehte. Er
fing an, trocken aufzustoßen. Wie ein Puppenspieler hob er den
rechten Arm, der leblos an Schnüren zu hängen schien, und zog
an dem Handtuch zwischen seinen aufgeplatzten, schmerzenden
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